Hast du dich schon einmal gefragt, wie viele Materialien in den Dingen stecken, die du täglich benutzt? Dein Smartphone, deine Kleidung, die Straßen, auf denen du gehst – all das besteht aus Rohstoffen, die irgendwo auf der Welt abgebaut, transportiert und verarbeitet werden. Doch unser heutiger Umgang mit diesen Ressourcen ist alles andere als nachhaltig.
Jede Person in Deutschland verbraucht im Schnitt 16 Tonnen Rohstoffe pro Jahr – eine Menge, die weit über dem liegt, was unser Planet langfristig verkraften kann. Wissenschaftler*innen und Umweltorganisationen appellieren daher: Wir müssen unseren Rohstoffverbrauch halbieren. Doch warum gerade um die Hälfte? Und wie wissen wir überhaupt, wie viel wir verbrauchen?
Von einfachen Schätzungen zu präzisen Berechnungen: Die Entwicklung der Rohstoffverbrauchsmessung.
Früher wurde der Rohstoffverbrauch vor allem anhand dessen gemessen, was sichtbar in Produkten enthalten ist – also das Holz in Möbeln, das Metall in Autos oder der Kunststoff in Verpackungen. Doch diese Berechnungsmethode war unvollständig, weil sie nicht berücksichtigt hat, wie viele Materialien bereits beim Abbau, Transport und in der Produktion verbraucht oder verschwendet wurden.
Seit den 1990er Jahren haben Wissenschaftler*innen genauere Methoden entwickelt, um auch diese versteckten Materialströme zu berücksichtigen. Heute nutzen wir Indikatoren, die alle direkt und indirekt genutzten Rohstoffe mit einbeziehen.
Ein alltägliches Beispiel: Ein einziges Smartphone wiegt etwa 80 Gramm – doch für seine Herstellung werden rund 75 Kilogramm an Rohstoffen bewegt und verarbeitet (Nordmann et al., 2015).
Warum so viel? Weil die in Smartphones enthaltenen Metalle wie Kupfer, Lithium und Seltene Erden aus Erzen gewonnen werden, für die riesige Mengen an Gestein abgebaut und weiterverarbeitet werden müssen. Allein für ein einziges Gramm Gold – das für Smartphone-Schaltkreise benötigt wird – müssen oft mehrere Tonnen Gestein bewegt werden. Hinzu kommen Kunststoffe aus Erdöl, Glas aus Quarzsand und die Energie, die für die gesamte Produktion aufgewendet wird.
Diese umfassendere Betrachtung zeigt das wahre Ausmaß unseres Materialbedarfs – und damit auch die Dringlichkeit eines Wandels.
Warum gerade eine Halbierung?
Die Forderung, den Rohstoffverbrauch um 50 % zu senken, kommt nicht von ungefähr. Internationale Studien, darunter Berichte des International Resource Panel (IRP) und des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP), zeigen, dass ein nachhaltiges Maß für den globalen Rohstoffverbrauch pro Person deutlich niedriger als der aktuelle globale Durchschnitt ist. Als Orientierungsgröße gilt 6 – 8 Tonnen pro Jahr.
Dieser Wert orientiert sich an den planetaren Grenzen – also an dem, was die Erde regenerieren kann, ohne ökologische Kipppunkte zu überschreiten. Wenn wir unser derzeitiges Niveau beibehalten, riskieren wir nicht nur die Zerstörung von Ökosystemen, sondern auch Rohstoffknappheit, steigende Preise und soziale Konflikte um Ressourcen.
Bedeutet das Verzicht?
Müssen wir deshalb auf Wohlstand, Komfort oder Lebensqualität verzichten? Ganz im Gegenteil! Eine Reduzierung des Rohstoffverbrauchs ist eine Chance für Innovation und Effizienz:
- Langlebige Produkte statt Wegwerfware – Hochwertige, reparierbare Produkte sparen langfristig Geld und Ressourcen.
- Sharing statt Besitzen – Carsharing, Mietkleidung oder Leihsysteme für Werkzeuge und Haushaltsgeräte verringern den Bedarf an Neuproduktion.
- Kreislaufwirtschaft statt Müllberge – Recycling, Wiederverwertung und geschlossene Materialkreisläufe reduzieren den Rohstoffbedarf drastisch.
- Intelligente Technologien und neue Geschäftsmodelle – Digitale Lösungen und ressourcenschonende Produktionsprozesse machen es möglich.
Die Halbierung unseres Rohstoffverbrauchs ist kein Rückschritt, sondern ein Fortschritt – Fazit: Weniger ist mehr.
Nordmann, J., Welfens, M. J., Fischer, D., Nemnich, C., Bookhagen, B., Bienge, K., & Niebert, K. (2015). Die Rohstoff-Expedition: entdecke, was in (d) einem Handy steckt. Springer-Verlag.
Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen spiegeln die Sichtweise des jeweiligen Projektpartners wider.